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Wie feministisch ist das Barbie-Universum?

30.07.2023

Monatelang auf Social-Media gehyped und nun endlich weltweit auf der großen Leinwand zu sehen. Der neue Barbie Film mit Margot Robbie in der Hauptrolle ist an den Kino-Kassen ein voller Erfolg. Auch die beiden Freundinnen Ouissal (16) und Lorin (16) verlassen den Kinosaal begeistert. "Wir sind heute spontan ins Kino gegangen und hatten nicht viele Erwartungen", erzählt uns Ouissal, "Ich fand den Film überraschend gut. Vor allem, weil betont wurde, dass die typische blonde, dünne Barbie nur einen Stereotypen abbildet." Wer hätte gedacht, dass sich ein Film über die kontrovers diskutierte Plastikpuppe mit einer feministischen Message und dem wahrscheinlich höchsten Word-Count für das Wort "Patriarchat" in einer Hollywood-Produktion brüsten kann? Fakt ist, der Film sorgt online wie offline für viel Diskussionsstoff und wirft unter anderem die Frage auf, wie feministisch die Barbie-Welt über 60 Jahre nach der Markteinführung der Puppe eigentlich ist.  

Barbie – schon immer ein feministisches Vorbild? 

Barbie und Feminismus. Passt das überhaupt zusammen? Schließlich steht die Puppe schon seit Jahren für ihre unrealistischen Körpermaße stark in der Kritik. Sie vermittle toxische Schönheitsideale und trage dazu bei, dass junge Mädchen sich in ihrem eigenen Körper zunehmend unwohl fühlen. Nach Feminismus hört sich das nicht an. Doch Barbie ist schon längst nicht mehr nur eine Puppe, sondern war auch vor der Realverfilmung bereits ein Filmstar. Das Barbie-Universum umfasst mittlerweile über 40 Animationsfilme, in denen Barbie in die unterschiedlichsten Rollen schlüpft und als Frau im Mittelpunkt eines Abenteuers steht. Mal ist sie eine Prinzessin, dann eine Meerjungfrau, am nächsten Tag eine Fee. Auch Ouissal hat als Kind die Barbie-Filme geguckt. Was Barbie ihr mit auf den Weg gab: Es lohnt sich zu träumen und nach etwas Großem zu streben. 

"Was Barbie kann, kannst du auch!", lautet wohl das Verkaufskonzept des Barbie-Herstellers Mattel. Direkt zu Beginn des Films greift Regisseurin Greta Gerwig dieses Narrativ auf und deutet an, dass dieser Ansatz in unserer komplexen Welt viel zu einfach gedacht ist, denn etwas Großes steht den Träumen kleiner Mädchen im Weg. Vorhang auf für das Patriarchat. Im Film begegnet Barbie dem Patriarchat zum ersten Mal bei einem Besuch in der "echten Welt", doch schon bald muss sie feststellen, dass dieses auch vor ihrer geliebten Heimat, dem Barbieland, keinen Halt macht. Gemeinsam mit anderen Frauen kämpft sie gegen die Unterdrückung und für ein Barbieland, in dem sich alle Barbies empowered fühlen. Ist die "neue" Barbie also anders? Progressiver? Eine Feministin?  "Ich denke auf jeden Fall, dass Barbie (aus dem Film) ein feministisches Vorbild ist.", erklärt uns Lorin. "Als sie gemerkt hat, dass die Kens Barbieland übernehmen, hat man ihren Ehrgeiz gesehen, etwas dagegen tun zu wollen." Hat Greta Gerwig mit dem neuen Barbie-Film die perfekte feministische Story auf die Leinwand gebracht, auf die wir alle gewartet haben? 

Mattel und die Frage nach der Diversität 

Im Zentrum der Handlung des Films steht die sogenannte "stereotypische" Barbie. Eine weiße, dünne, ableisierte cis Frau, die in einer Traumvilla wohnt. Dass diese Barbie in den Spielzeugregalen nicht mehr ausreicht, hat Mattel erkannt. In der Produktpalette hat sich daher über die Jahre so Einiges getan. Die Barbie-Puppen sind diverser geworden. Nicht allzu lange ist es her, da brachte Mattel beispielsweise die erste Barbie mit Down Syndrom auf den Markt. Eine reine Strategie, um mehr Verkäufe zu erzielen? Schließlich kann auch der neue Film als zweistündiger Werbespot und bewusst eingesetzter Marketingkniff verstanden werden. "Klar ist es auch teilweise Geldmacherei von Mattel. Aber ich finde es trotzdem cool, dass wir als Gesellschaft an einem Punkt angekommen sind, wo wir sagen, wir wollen nicht nur diese eine stereotypische Barbie sehen", sagt Ouissal. Auch Lorin stimmt zu, denn es sei wichtig, dass die Barbie-Welt genau wie unsere Gesellschaft von ganz verschiedenen Menschen geprägt wird. 

Im Film begegnen wir der "stereotypischen" Barbie Seite an Seite mit Frauen, die nicht aussehen wie sie. Die Präsidentin von Barbieland ist eine Schwarze Frau, eine weitere Barbie wird von der trans Schauspielerin Hari Nef verkörpert. Und auch eine Plus-Size Barbie lebt in Barbieland. Sie alle stellen sich patriarchalen Machtstrukturen, Alltagssexismus, Objektifizierung sowie unerreichbaren Schönheitsidealen entgegen und bringen damit Female Empowerment weltweit in die Kinos. Doch um feministische Kämpfe wirklich in Gänze zu verstehen, müsste das Zusammenspiel patriarchaler Unterdrückung mit anderen Diskriminierungsformen aktiver thematisiert werden. Es bräuchte Perspektiven von BIPoC, von queeren Menschen, von Personen mit Behinderung und mit unterschiedlichen sozialen Schichtzugehörigkeiten. Denn all diese Menschen erleben das Patriarchat aufgrund ihrer Marginalisierung anders als die stereotypische Barbie. Der Film ist daher kein Paradebeispiel für intersektionalen Feminismus, diesen Anspruch hatte er aber wahrscheinlich auch nie. Vielen Menschen bietet er eine entertainende Einführung in den Feminismus. Denn es ist ein Film, der Frauen in den Mittelpunkt stellt. Der aktiv auf patriarchale Machtstrukturen aufmerksam macht und für Zusammenhalt im Kampf für Gerechtigkeit appelliert. Die Freundinnen Ouissa und Lorin gehen, wie viele andere auch, mit dem Gefühl aus dem Kino, verstanden zu werden und ihre individuelle Weiblichkeit wertschätzen zu dürfen. Die positive Resonanz bestätigt, dass eine Hollywood-Produktion mit feministischem Fokus in den Kinos funktionieren kann und gibt uns Hoffnung auf weitere Filme, die nicht nur unterhalten, sondern auch empowern und im besten Falle noch einen Schritt weiter gehen, als Barbie es tut.  

von Ari

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