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A Divine Comedy – Ein performativer Höllenritt für Erwachsene

20.08.2021

Ende Juni war die österreichische Performancekünstlerin Florentina Holzinger mit ihrer Produktion "TANZ" beim diesjährigen asphalt Festival in Düsseldorf zu Gast und verblüffte, polarisierte, entfachte und begeisterte das Publikum. Für ihre Produktion wurde Holzinger mehrfach ausgezeichnet. Nun feierte sie mit "A Divine Comedy", ihrer neuesten Arbeit, Premiere bei der Ruhrtriennale in der Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord. Uraufführung war am 19. August. Ab September ist ihre Produktion dann an der Berliner Volksbühne im Repertoire zu sehen, wo sie ab dieser Spielzeit unter der Intendanz von René Pollesch regelmäßig inszenieren wird. 

Der Performance "A Divine Comedy" liegt das Meisterwerk "Die Göttliche Komödie" des Dichters Dante Alighieri zu Grunde. Der Dichter Dante himself begegnet in einer finsteren Nacht seinem verstorbenen Dichter-Kollegen Vergil, der ihn vor wilden Tieren rettet und sich mit ihm auf eine fantastische Reise durch die neun Kreise der Hölle, über den Läuterungsberg bis ins Paradies begibt, wo er seiner verstorbenen Jugendliebe Beatrice wieder begegnet. 

Von entscheidender Bedeutung ist die Textgrundlage für Holzingers Arbeit allerdings nicht. Eine Text- oder Handlungsnähe kann man der Performance nicht attestieren. Dennoch beginnt der Abend ebenfalls mit Dantes "fantastischer Reise" und einer Einteilung in die drei Ebenen Hölle, Fegefeuer und Paradies. Zu Beginn führt eine niederländische Show-Hypnotiseurin führt sechs Menschen auf die Bühne, die sie hypnotisiert und Fragen und Aufgaben stellt. Eine aus der Gruppe entpuppt sich allerdings im Laufe der Session als Ensemblemitglied. Die Hypnotiseurin lässt sie ihren wahren Namen vergessen und fortan nur noch auf den Namen Dante hören. Die "fantastische Reise" beginnt, wie die Hypnotiseurin mehrmals das Publikum anheizt. 

Was dann folgt ist ein wilder, exzentrischer, teils verstörender und zu tiefst polarisierender performativer Höllenritt durch die vielfältige Bandbreite jedweder Kunstformen, denen Florentina Holzinger in ihren Arbeiten eine Bühne gibt. Dabei stehen rund zwei Dutzend, nackte weibliche Darsteller*innen jeglichen Alters auf der Bühne, die die unterschiedlichsten Hintergründe haben und die sie dann auch in der Performance einsetzen, z.B. eine ehemalige Balletttänzerin, die über das Sterben und ihren bereits vergangenen Tod als Tänzerin spricht. Mit dabei ist diesmal auch u.a. eine Sexarbeiterin.  

Dass der Abend ab 18 Jahren empfohlen wird, liegt an der expliziten Darstellung von Nacktheit und sexuellen Handlungen. Außerdem sehen wir das Sezieren von Tieren, eine Blutabnahme, Stunts, das Ausscheiden von Kot und die Selbstbefriedigung samt Orgasmus mit einem Sextoy. Provokant wirkt das ganze allerdings selten. Spätestens nach "TANZ" ist man mit den Mitteln, derer Florentina Holzinger sich bedient, vertraut. Daher wirkt das Einsetzen dieser Mittel nicht gegen das Publikum, sondern vor allem gegenüber der Kunst an sich. Ist das noch Tanz oder Performance oder einfach eine reine Show, die wie eine Nummernrevue funktioniert? Zweifelsohne spielt Holzinger so mit den Sehgewohnheiten des Publikums auf eine äußerst unterhaltsame Art und Weise. Und am besten ist der Abend für eine*n als Zuschauer*in, wenn man aufhört, alles verstehen zu wollen und sich den freien Assoziationsräumen einfach völlig unterwürft und sich dieser "fantastischen Reise" mit offenen Augen und Ohren einfach anschließt. Es lohnt sich!

Weitere Vorstellungen am 23., 25. und 26. August um jeweils 20 Uhr. Tickets und mehr Informationen findet Ihr hier.

von Marvin

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