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Eines langen Tages Reise in die Nacht – Ein tiefer Blick in den Abgrund

29.12.2019

EINES LANGEN TAGES REISE IN DIE NACHT ist ein Theaterstück des amerikanischen Dramatikers Eugene O'Neill, das im Jahr 1956 geschrieben wurde und mit dem Pulitzer-Preis für Theater im Folgejahr ausgezeichnet wurde. Das Stück beschreibt einen einzigen Tag im Leben der amerikanischen Familie Tyrone, die zu zerbrechen droht und es doch nicht tut, weil die einzelnen Familienmitglieder in gegenseitiger Abhängigkeit hoffnungslos aneinander gebunden zu sein scheinen. Am Schauspiel Köln hat jenes Werk nun einen Platz auf dem Spielplan bekommen und einen Theater-Großmeister, der zum ersten Mal in Köln arbeitet, als Regisseur erhalten: den Belgier Luk Perceval. Premiere war am 15. November im Depot 1.

Wie wichtig Luk Perceval die Regieanweisungen in O'Neills Stück zu sein scheinen, zeigt sich gleich zu Beginn des Theaterabends. Denn der Regisseur hat eine eigene Umgangsform für diese gefunden, indem er sie von dem Dienstmädchen Cathleen, gespielt von der russischen Schauspielerin Maria Shulga, mit englischem Akzent vortragen lässt. Meist sitzt die junge Frau alleine in ihrem Raum rechts außen am Klavier und kommentiert, ohne eine Haltung dazu zu haben, das Geschehen. Bühnenbildner Philip Bußmann hat für diesen Abend einen Guckkasten auf die extrem breite Bühne des Depot 1 bauen lassen, der cinemaskopisch aus fünf voneinander getrennten Räumen besteht - ein Raum für jede der fünf Figuren. Zwischen ihnen besteht keine Durchgangsmöglichkeit - die Räume lassen sich nur über einen spezifischen Eingang betreten. Dennoch spielen die Figuren Teile des Stücks auch in den selben Zimmern - meist treffen sie dabei im mittleren Raum, einem Salon gleichend, aufeinander. Die Räume sind vor allem aufgrund ihrer makaberen Einrichtung unspezifisch und im Kontext des Stückes beinahe Isolationszellen gleichend.

Die Konzentration liegt an diesem Abend vor allem auf dem Text. Das Bühnenbild ändert sich im Laufe des Abends genauso wenig wie die Kostüme oder der Einsatz von Requisiten. Gearbeitet wird hauptsächlich mit verschiedenen Lichtstimmungen und Effekten. Untermalt ist das ganze immer wieder von ruhigen und nicht-dominanten Klaviertastenanschlägen. Was auf manchen Zuschauer vielleicht ermüdend wirkt, folgt in seiner Konsequenz aber sehr beeindruckend dem Portrait der Familie Tyrone, die sich - wie in einer Spirale gefangen - nicht aus ihrem Elend befreien kann. Und so vergeht Stunde um Stunde, in der sich der Nebel verdichtet und das innere Chaos und die unübersehbare Unglücklichkeit freigibt. Gerade für das Auge gibt die künstlerische Zeichnung des Regisseurs einiges her: Kurz vor der Pause regnet es dann vor der Szenerie in Strömen. Wasserfallartig schüttet es und das Wasser legt sich wie eine Verkleidung vor den Bühnenkomplex. 

Nach der Wiederaufnahme des Spiels scheint dann die Spannung innerhalb der Familie auf dem Höhepunkt zu sein und doch scheinen sie gar unfähig zu sein, sich aus dieser zu entwinden. Ein Bruch scheint nicht möglich, obwohl alles dafür bereit zu sein scheint. Der Blick in den Abgrund ist tief und doch kleben sie schicksalshaft so aneinander, dass keiner zu stürzen droht. Eine Spirale des Unglücks, aus der schließlich nur der jüngste Sohn entkommen kann - durch den Tod.

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von Marvin

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