Düsseldorfer Jugendportal

Sprich über deine Stadt!

640 640 1000 1000 1000

Menschen im Hotel – Der Spielzeitstart im Düsseldorfer Schauspielhaus

02.10.2018

"Was in großen Hotels in großen Städten erlebt wird, das sind keine abgeschlossenen Schicksale. Das sind nur Bruchstücke, Fetzen, Teile. Hinter den Türen wohnen Menschen, gleichgültige oder merkwürdige, Menschen im Aufstieg, Menschen im Niedergang. Glückseligkeiten und Katastrophen wohnen Wand an Wand. Die Drehtür dreht sich und was zwischen Ankunft und Abreise erlebt wird, das ist nichts Ganzes." 

Mit Menschen im Hotel nach dem Roman von Vicki Baum eröffnet das Düsseldorfer Schauspielhaus die Spielzeit 2018/19 und haucht dem Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz mit einer weiteren Inszenierung neues Leben ein. Neben den Erfolgsproduktionen Der Sandmann, Lazarus und dem Hinter-den-Kulissen-Abend Die Göttliche Komödie wird das von Baustellen umgebene Theaterhaus nun auch regelmäßig von der diesjährigen Spielzeiteröffnungsproduktion bespielt. Regie führte der vielseitige Sönke Wortmann, der nach Willkommen von Lutz Hübner und Sarah Nemitz nun wieder als Regisseur an das Theaterhaus seiner Wahlheimat Düsseldorf zurückgekehrt ist. Wortmann, der neben dem Theater auch regelmäßig als Film- und Fernsehregisseur arbeitet, macht aus der Romanvorlage einen Theaterabend, der neben Offstimme und Filmsequenzen einen hohen Film-Flair verspüren lässt. Dieser gibt dem Abend zwar eine hohe Konzentration und ermöglicht es, die einzelnen Figuren heranzuzoomen und ihnen Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, opfert dafür aber einen klaren Handlungsstrang, Spannung und Action. Gerade der erste Teil des Abends bis zur Pause kommt sehr mühsam und spannungsarm daher, der zweite Teil dann wesentlich aufregender und mit klar erkennbaren roten Faden. 

Der Inszenierung mag es insgesamt an Konsequenz fehlen: Das fängt bei der Machart an und dem Ansatz oder Zwischen-Ansatz, den Regisseur Wortmann verfolgt. Er scheint zuweilen eine Filmproduktion auf der Theaterbühne draus gemacht zu haben. Das ist durchaus belebend, aber man sehnt sich als Zuschauer nach einer gewissen Stringenz. Das sonst so durchweg starke Ensemble weist diesmal eine eindeutige Verliererin auf: Lieke Hoppe als Flämmchen hat mit ihrer Rolle eindeutig zu kämpfen. Ihr Berliner-Akzent ist weder gut noch von Dauer. Da spiegelt sich wieder diese Inkonsequenz wieder. Auch ihre Rollenauslegung widerspricht in weitem der Romangrundlage. Hoppe spielt ihre Rolle zu überlegen, zu abgedroschen. Hat man sie auf der Bühne hier doch nahezu gleich wie in Lazarus spielen sehen. Sie spielt zwar durchaus sympathisch, aber gewiss nicht ihrer Figur angemessen. Sei es drum! Dem stark-überalterten Publikum scheint es gefallen zu haben. Langer, herzlicher Applaus, der abermals dem stark aufspielenden Ensemble galt. Dem zweiten Teil des Abends sei Dank, geht man mit einem guten Gefühl nach Hause. 

Also alles beim Alten in Düsseldorf: Solide Inszenierung + Großartiges Ensemble = Angenehmer Theaterabend. Fragt sich nur wie lange diese "Erfolgsformel" noch halten wird, wenn Theater nur für das stark überalterte Abonnement-Publikum gemacht wird. Das Team um Generalintendant Wilfried Schulz hat die Düsseldorfer wieder ins Theater geholt und es zu ihrem Schauspielhaus gemacht. Die Zuschauerzahlen und die Verjüngung des Publikums belegen das. Das ist durchaus ehrenwert. Nur ist es halt wie im Fußball. Der Aufstieg ist die eine, der Klassenerhalt die andere Sache. Das Publikum muss durchweg gehalten werden und das geht nur, wenn man ihm wirklich mal etwas richtiges bietet, etwas experimentelles, polarisierendes, mutiges. Und nur so kann es auch zurück in die 1. Liga der deutschsprachigen Theaterhäuser gehen.

Also liebes Düsseldorfer Schauspielhaus: Trau dich ruhig mal was. Das Publikum ist da, die jungen, die alten, man ist dir in der Stadt durchweg wohlgesonnen. Zeig uns, was du drauf hast! 

von Marvin

Kommentar verfassen

Bitte fülle alle Felder aus die mit * markiert sind.