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Der Kaufmann von Venedig - Über den Umgang einer Gesellschaft mit Außenseitern und Fremden

13.03.2018

Am 17. Februar wurde im Central auf der großen Bühne des Düsseldorfer Schauspielhauses die Inszenierung von "Der Kaufmann von Venedig" von William Shakespeare gezeigt. Regie führte der Hausregisseur Roger Vontobel, der sein Können bereits mit den Düsseldorfer Inszenierungen von "Gilgamesh" und "Medea" in der letzten Spielzeit unter Beweis gestellt hat. "Der Kaufmann von Venedig" gehört wohl nicht zu den bekanntesten Shakespeare-Werken bei Jugendlichen. Dennoch ein wahres Meisterwerk, in dem es um die Haltung einer Gesellschaft gegenüber Außenseitern und Fremden geht. Das Theaterstück wurde vor allem zur NS-Zeit als antisemitisches Propaganda-Mittel genutzt, dabei ging es Shakespeare gar nicht darum, Juden-Hass zu schüren. Für ihn galt der Jude als ein Beispiel für gesellschaftliche Außenseiter zu seinen Lebzeiten. Ein zeitloses, gesellschaftskritisches Stück, was das Haus genau zur richtigen Zeit auf den Spielplan gesetzt hat. Sehenswert für Theater-Genießer und Shakespeare-Liebhaber. 

Worum geht’s?

Bassanio braucht dringend Geld: Er ist völlig abgebrannt, möchte aber die schöne Portia umwerben. Dafür leiht er sich Geld bei seinem Freund Antonio, ein Kaufmann von Venedig. Dieser wiederum ist aber selber momentan nicht flüssig, möchte seinem Freund aber helfen, weil er Gefühle für Bassanio hegt. Deshalb bittet er den Juden Shylock um Geld, den er zuvor aber immer wieder bespuckt, beschimpft und gedemütigt hat. Shylock willigt ein und verleiht sein Geld an Antonio sogar ohne Zinsen. Dafür verlangt er aber einen Schuldschein, der besagt, dass wenn Antonio das Geld nicht zurückzahlen kann, Shylock ihm ein Pfund Fleisch nahe des Herzens herausschneiden darf. Antonio ist sich sicher, dass er bald wieder zu großem Geld kommen würde und willigt schließlich ein: "So weit wird es schon nicht kommen, sei Gewiss mein Freund". Es kommt wie es kommen muss: Bassanio umwirbt die schöne Erbin Portia zwar, kann aber genauso wenig wie Antonio das Geld zurückzahlen. Shylock fordert also den Schuldschein ein, aber Antonio verweigert sich dem. So landen beide also vor Gericht, weil Shylock sein Recht durchsetzen möchte. Durch einen Trick von Portia entgeht Antonio aber seiner gerechten Strafe und Shylock wird angeklagt und verurteilt. 

Die Inszenierung von "Der Kaufmann von Venedig" brilliert in der Verständlichkeit der Sprache durch die Übersetzung von Elisabeth Plessen und den stark aufspielenden Darstellerinnen und Darstellern. Das Bühnenbild ist sehr minimalistisch konzipiert: ein schwarzer großer offener Raum, eine LED-Leiste am oberen Rand der Bühne über alle drei Seiten und im Hintergrund ein gold-glänzender Vorhang. Es ist klar, dass hier das Wort und einfache Spiel im Vordergrund stehen. Bis auf die schöne Portia und ihre Dienerin Nerissa sind alle Spielerinnen und Spieler stets auf der Bühne bzw. an den Seitenwänden auf Stühlen. Eine zweiköpfige Band begleitet den Abend über und bewegt sich mit dem Ensemble auf der Bühne. Regisseur Roger Vontobel entgeht dem Vorwurf eines antisemtischen Stückes, indem er Shylocks Ausgrenzung weniger auf sein Juden-sein lenkt und mehr auf die Ausgrenzung von gesellschaftlichen Außenseitern und Fremden richtet. Ein Theaterabend, der dem Publikum sehr gefallen hat: großer Applaus für die Spielerinnen und Spieler, die Musiker und das Team um Roger Vontobel. Definitiv zu empfehlen, allerdings nur für ältere Jugendliche und Theaterinteressierte, die tiefgründige Texte ebenso schätzen wie große Action auf der Bühne. Tolle Inszenierung zu einer Zeit, in dem der Hass gegenüber gesellschaftlichen Außenseitern und den (dazugekommenen) Fremden wächst. Schönes Statement des Stadttheaters!

Der Kaufmann von Venedig - von William Shakespeare - Deutsch von Elisabeth Plessen
Regie: Roger Vontobel, Bühne: Muriel Gerstner, Kostüm: Tina Kloempken, Musik: Keith O'Brien, Licht: Gérard Cleven, Dramaturgie: Robert Koall 
Mit: Andreas Grothgar, Sebastian Tessenow, Florian Lange, Alexej Lochmann, Andrei Viorel Tacu, Kilian Land, Burghart Klaußner, Matthias Luckey Minna Wündrich, Tanja Schleiff, Lou Strenger & den Musikern: Keith O'Brien, Jan-Sebastian Weichsel 
Dauer der Aufführung: 2 3/4 Stunden, eine Pause 

von Marvin

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