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Warum ich gegen die besorgten Eltern protestierte

26.10.2015

Dass Eltern sich Sorgen machen, ist normal und gut. Aber wenn rechtskonservative "besorgte Eltern" gegen den Sexualunterricht wettern und damit nur gegen Vielfalt sind und mir beinahe verbieten, offen lesbisch zu sein, läuft was falsch. Ich und viele andere protestierten am Abend bei einer Veranstaltung im Haus der Kirche. Ich heiße Leonie, bin 21 Jahre alt und habe mich mit 16 Jahren als lesbisch geoutet. Ich wünschte, ich hätte schon früher gewusst, was mit mir los war. Ich ärgere mich, wenn sich Menschen jetzt als besorgte Eltern darstellen und anderen Jugendlichen die Möglichkeit nehmen möchten, das eventuell früher herauszufinden. Kirche distanziert sich vom Elternverein Die Initiative dieser Menschen klingt harmlos: Der Elternverein NRW wollte mit Hedwig Freifrau von Beverfoerde am Montagabend über "Sexuelle Vielfalt" im Haus der Kirche an der Bastionstraße diskutieren. Das klingt wohl so harmlos, dass die Evangelische Kirche ihr Räume vermietete. Das sei ein Fehler gewesen, sagte die Pressestelle schon vorher, eigentlich würden alle Anmietungen geprüft. Und die Kirche distanzierte sich von dem Verein später noch mal – vor etwa 100 Protestierenden. Ich war eine davon. Ich war mit 16 Jugendlichen aus dem schwul-lesbischen Jugendzentrum PULS zum Haus der Kirche gekommen. Außerdem waren dabei: die Diakonie, eine Ratsfrau, eine Landtagsabgeordnete, Organisatoren vom Christopher Street Day Düsseldorf, Schlau NRW für schwul-lesbische Aufklärungsarbeit, die Landesarbeitsgemeinschaft Lesben NRW und die Frauenberatungsstelle. Wir finden: Liebe hat keine Farbe Wir trafen auf etwa 15 Menschen, die an der Veranstaltung teilnehmen wollten. Wir hielten Fahnen hoch, auf denen "PULS für Vielfalt" und "Liebe hat nicht nur eine Farbe" stand. Auf anderen Schildern stand "Sexuelle Vielfalt statt pseudoreligiöse Einfalt" und "Fürchtet euch nicht! Kinder sind schlauer als Eltern!" Elternverein rief die Polizei Wir standen erst friedlich draußen rum und zeigten, dass Düsseldorf bunt ist. Dann gingen wir aber doch rein und setzten uns in den Raum. Die Veranstalter trauten sich erst gar nicht aus ihrem Beratungsraum, riefen sogar die Polizei. Die merkte allerdings sofort, dass wir friedlich sind. Wir versuchten auch, mit diesen Eltern zu diskutieren. Auch ich habe mich gemeldet. Der Verein behauptet, Schulen indoktrinieren ihre Schüler, würden ihnen also falsche Gedanken in ihre Köpfe pflanzen. Es stimme nicht, dass Homosexualität und Heterosexualität gleichwertig seien. Das würden die Schulen aber lehren. Das finde ich totalen Quatsch und das habe ich auch gesagt. Mein Puls raste – ich bin doch gleichwertig! Der Verein behauptet, er sei nicht homophob, also feindlich gegenüber Homosexuellen. Ich entgegnete, die Rednerinnen seien nicht in der Position, das zu sagen, sondern nur die Menschen, die diskriminiert werden. Hedwig Freifrau von Beverfoerde sprach auch über die Homoehe. Sie wettert in Vorträgen häufig gegen Homosexuelle. Am Montagabend sagte sie, dass Mann und Frau einander von der Natur aus vorgeschrieben sind. Nur aus solchen Familien kämen glückliche Kinder. Mein Puls raste, mein Herz klopfte. Ich war so wütend und fühlte mich auch persönlich angegriffen. Wie können mir diese Menschen ins Gesicht sagen, dass das, was ich fühle, nicht gleichwertig ist? Vielleicht wussten sie auch nicht mehr, was sie sagen sollten. Sie beendeten die Diskussion, weil wir sowieso gegen deren Meinung seien. Ich kann auch lieben Aber diese Meinung wird mir immer noch lange hinterherrennen. Es wurde nämlich auch gesagt, Sexualität solle nur mit Liebe funktionieren und echte Liebe gebe es nur bei Heterosexuellen. Ein zwölfjähriges Mädchen solle außerdem nicht dazu ermuntert werden, Sex mit einem anderen Mädchen zu haben. Wie schrecklich. Ich soll nicht lieben können, nur weil ich Frauen liebe? Als ich zwölf Jahre alt war, wusste ich nicht, was Homosexualität ist. Wenn ich es gewusst hätte und wenn das in meiner Schule ein Thema gewesen wäre, wäre Vieles einfacher gewesen. Und meinen ehemaligen Mitschülern hätte mehr Vielfalt und Toleranz auch gut getan. Als ich mich mit 16 Jahren outete, behaupteten die Jungs oft, ich hätte ihren Freundinnen auf den Hintern geguckt. In der Mädchenumkleide wollte sich niemand mehr in einem Raum mit mir umziehen. Ich fordere mehr Vielfalt Wir brauchen nicht weniger Verständnis, sondern mehr. Deswegen habe ich auch mitprotestiert. Ich möchte die Gesellschaft aufrütteln: Jede Form der Liebe hat seine Daseinsberechtigung! Ich habe Angst, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen, in der gehänselt wird und in der Homosexualität nicht normal ist. Ich wollte zeigen, dass Düsseldorf tolerant ist, dass die Mehrheit Vielfalt möchte. Ich stehe auf und mache den Mund auf, damit nicht noch mehr Menschen so einen Quatsch glauben! Autorin: Leonie (aufgezeichnet vom Jugendportal youpod.de)

von youpod

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