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Nele und Lea: Ohne Geld durch Düsseldorf

29.10.2013

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Eine Woche leben ohne Geld. Und das mitten in Düsseldorf. Nele und Lea haben das Experiment gewagt und fanden kiloweise Brot, skeptische Menschen und spendable Luxus-Bäcker. Da werden die Augen richtig groß. Ein großer Container steht vor Nele (16) und Lea (17), bis oben gefüllt mit Brot, Baguette, Brötchen, Croissants und Keksen. Alles wurde erst am Morgen gebacken, am Abend landet es im Müll. Was für eine Verschwendung, die Krefelderin Nele kann das nicht verstehen. "Der Bäcker hat uns erklärt, Kunden möchten immer volle Theken sehen", sagt sie. "Deswegen wird mehr gemacht als verkauft." Und auch sie kann nur zehn Laibe Graubrot wegtragen. Die reichen allerdings auch für die Woche. Sechs Tage lang leben Nele und Lea mit zehn anderen Jugendlichen im Niemandsland, einer alternativen Projektwerkstatt in Oberbilk. Die BUND-Jugend NRW hat eingeladen, in den Herbstferien zu erleben, was ohne Geld möglich ist. Und das ist eine ganze Menge. Im Esszimmer stapeln sich Obst- und Gemüse-Kisten: Mangos mit kleinen Dellen, frische Champignons, halbe Weckmänner, ganze Rosinenschnecken, ein Glas Senf, eine Packung Reis und noch vieles mehr, um eine Woche lang umsonst genießen zu können. Salat vom Markt Die Jugendlichen haben die Lebensmittel vor dem Müll bewahrt, geschenkt bekommen oder getauscht. Oder sie arbeiten für sie: Nele und Lea wünschen sich einen Salat vor dem Abendessen. Sie gehen zum Markt. "Verkaufen Sie heute alles oder bleibt etwas übrig, das morgen schlecht sein könnte", fragt Lea vorsichtig an einem Stand. Der Verkäufer mustert die 17-Jährige aus Essen, schaut dann auf seine Körbe. "Der Mangold hält sich nicht über Nacht", sagt er, stockt kurz und bietet an: "Kommt in einer Stunde wieder und helft mir beim Einladen. Dann kann ich meine Mitarbeiter früher in den Feierabend schicken." Als Nele und Lea wiederkommen, steht der Lieferwagen bereit. Sie schnappen sich die Körbe mit Bio-Gemüse von einem Düsseldorfer Hof und türmen sie im Kofferraum. Die Schale mit den Kürbissen stellt Lea auf den Rücksitz, Nele legt das Gestell in den Fußraum. Für ihre Hilfe drückt der Verkäufer den Mädchen zwei Tüten mit Rucola, Feldsalat, Mangold und Spinat in die Hände. Frisch, knackig und perfekt fürs Abendessen. Die anderen werden sich freuen. Aus den Gaben des Tages bereiten die Jugendlichen nämlich später gemeinsam ein Mahl für die ganze Gruppe zu. Danach sitzen sie zusammen, nähen mit geschenkten Stoffen auf ausgeliehenen Nähmaschinen, mahlen aus gefundenen Eicheln Mehl für Brot und erzählen vom Tag. Gemeinschaft erleben, neue Leute kennenlernen und eine gute Woche verbringen, das gehöre auch zu dem Workshop, erklärt Claudia Tillmann, Teamerin beim BUND. Das Experiment könne dazu anregen, sich kritisch mit dem Geldsystem auseinanderzusetzen und die eigenen Konsumgewohnheiten zu überdenken. Sie will den Jugendlichen außerdem neue Perspektiven zeigen. "Sie können alternative Lebensweisen kennen lernen und ausprobieren", sagt Tillmann. "Sie sollen kreativ werden, eigene Ideen entwickeln und sie selbst umsetzen." Und sie sollen Freude vermitteln, nicht nur nehmen, sondern auch geben. Kostenlose Freude Wie das funktionieren kann, hat Nele direkt am ersten Abend erlebt. Da hat sie den Gutenachtbus begleitet, mit dem eine gemeinnützige Organisation nachts Obdachlosen und Armen in der Stadt hilft. Nele hat Essen und Kleidung ausgeteilt. Lea hat einen Tag später den Umsonst-Laden besucht. Ihre Schuhe haben ein Loch an der Ferse. Sie wollte sich neue aussuchen. Die Mädchen haben in der Woche außerdem den Tauschring und die Tafel kennengelernt. Es gibt viele Stellen in der Stadt, an denen es kostenfreie Hilfe und Tauschangebote gibt. Einige Stellen muss man aber erst suchen. In der Nähe des Markts, bei dem Nele und Lea geholfen haben, hat eine große Versicherung ihren Sitz. Die Mädchen gehen durch die Glastüren zum Empfang. "Wir würden gerne in die Kantine", sagt Lea. "Wir möchten fragen, ob in der Küche Lebensmittel übrig sind, die sonst weggeworfen werden." Die Frau am Empfang zögert nur kurz und greift dann zum Telefon. Dieses Mal haben die beiden Pech. Der Küchenchef hat Urlaub und seine Vertretung möchte nicht entscheiden. Fremde Menschen nach Essen zu bitten, damit haben die Mädchen kein Problem. "Am Anfang war ich etwas unsicher", gesteht Nele. "Jetzt ist es normal." Der Mut kann zu tollen Geschenken führen, selbst dort, wo man es am wenigsten vermutet. Mitten auf der Düsseldorfer Shopping- und Luxusstraße Königsallee schenkte ein teurer Bäcker der Gruppe ein Walnussbrot. Ein Museum ließ ein paar der Jugendlichen sogar ohne Eintritt in eine Ausstellung. Helfende und skeptische Menschen Nele und Lea sind überrascht, wie viele Menschen bereit sind, etwas zu tauschen oder zu verschenken. "Ich hatte vorher nicht so ein gutes Menschenbild", sagt Nele und grinst. Sie fragt nicht nur bei Geschäften nach Übrig-Gebliebenem, sondern klingelt auch an Wohnungen. Äpfel für Salz, Brot für Zimt. Die Menschen an den Türen sind verdutzt, manche lachen, die meisten geben etwas. Auf der Straße ist das nicht so einfach. "Wir haben so viel Obst. Deswegen sind wir mit einer Schale voll losgezogen und wollten es verschenken", erzählt Lea. Doch die Passanten seien sehr skeptisch, glaubten, mit den Früchten stimme etwas nicht. Immer wieder müssen die Jugendlichen erklären, dass sie eine Woche ohne Geld leben, warum sie das tun und wie. "Aber ihr esst schon noch etwas, oder?", fragt ein Mann auf dem Markt. Jeden Morgen hilft die Gruppe in einem Obst- und Gemüseladen, macht Salate, putzt, sortiert Gemüse aus und Obst ein. Am Nachmittag darf sie sich die nicht verkauften Reste abholen. Der Besitzer kann sich an die Hilfe nur schwer gewöhnen. "Er fragt immer wieder, ob er uns als Dank nicht einen Kaffee kaufen kann", sagt Nele. Aber da wäre Geld im Spiel. Das wäre gegen die Regeln. Selbst gegen Ende der Woche fragt er noch ungläubig: "Und ihr wollt echt kein Geld?" In der Woche gehe es vor allem um das Miteinander, sagt Tillmann, die BUND-Teamerin. "Wir wollen aber nicht nur Freude haben, sondern auch vermitteln." Doch daran sind anscheinend nicht alle Menschen gewöhnt.

von jt

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