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Concord Floral – Ein Mystery-Thriller mit Kölner Jugendlichen

16.03.2019

Mitten auf dem Feld an der Schnellstraße direkt am Fühlinger See steht diese krasse, voll riesige, verlassene Villa. Voller Glasscherben. Das Concord Floral. Das Haus Fühlingen. Das Geisterschloss. Meine Villa, deine Villa, das Concord. Da geht’s so krass: Sex und Drogen, Elektropartys – da gibt’s immer Partys. Insgeheim wollen eigentlich alle sterben.

Concord Floral ist eine riesige verlassene, verfallende, alte Villa. Es ist ein geheimnisvolles Gebäude, um das sich zahlreiche Geschichten und Erzählungen ranken. Vielleicht ist es gerade deshalb ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche aus der Nachbarschaft, die dort gemeinsam trinken, tanzen, feiern, knutschen und den großen Kick suchen. Doch als eines Nachts zwei Freundinnen eine grausige Entdeckung machen, beginnt ihr Leben aus den Fugen zu geraten und höchst unbequem zu werden. Der Kanadier Jordan Tannahill, 30 Jahre jung, ist Theaterautor und Filmemacher und ist mit seinen Werken mehrfach ausgezeichnet worden. Sein Theaterstück Concord Floral schrieb er 2016 für und mit zehn kanadischen Jugendlichen, das im Theater Canadian Stage uraufgeführt wurde. Nun hat sich Regisseur Bassam Ghazi (zuletzt am Schauspiel Köln: real fake, Uraufführung am 10. März 2018) den Text mit zehn Kölner Jugendlichen vorgenommen und das Concord Floral im Haus Fühlingen im Kölner Norden verortet. Deutsche Erstaufführung war am 16. November 2018 am Schauspiel Köln in der Außenspielstätte am Offenbachplatz.

Die beiden Freundinnen Rosa und Emma stoßen in der Villa auf die Leiche eines toten Mädchens. Völlig überfordert mit der Situation beschließen die beiden, niemandem von ihrem Fund zu erzählen. Doch schon am nächsten Tag kursieren Gerüchte in der Klasse. Die Jugendlichen werden gnadenlos mit den Konsequenzen ihres Fundes konfrontiert und müssen sich den Geistern der Vergangenheit stellen.

Regisseur Bassam Ghazi hat es erfolgreich geschafft, das Stück konsequent von Kanada nach Köln zu verlegen. Das Concord Floral, im Original eine riesige stillgelegte Gewächshausanlage, ist in der Kölner Inszenierung die in Köln-Chorweiler stehende und verfallene Villa "Haus Fühlingen". Ein real existierender Ort, den auch die zehn Kölner Jugendlichen kennen, denn sie alle leben entweder in Chorweiler oder gehen dort zur Schule. Allgemein muss man sagen, dass die Textvorlage sehr gelungen ist: Spannende Story, geheimnisvolles Setting, Jugendliche als alleinige Protagonisten und eine überraschende Wende in der Geschichte. Die Ausgangsbedingungen für diesen Theaterabend waren also mehr als gut. Nur leider konnte der Regisseur diese nicht für sich nutzen und hat eine eher dürftige Jugendproduktion vorgelegt. Ob das an dem ziemlich eng gesteckten Zeitrahmen von ungefähr zehn Wochen lag, was für den Regisseur eine neue und unbekannte Situation war, ist fraglich. Er hat es nicht geschafft die zehn Jugendlichen auf ein annehmbares schauspielerisches Niveau zu heben. Zahlreiche Ungenauigkeiten bei der Textwiedergabe und unsaubere Chortexte zerstören häufig die Wirkung. Dabei ist ihm zugute zu halten, dass er sich ein sehr diverses Ensemble mit höchst unterschiedlichen Typen zusammengestellt hat. Aber das darf nun mal nicht zulasten der Qualität einer Inszenierung gehen. Auch die, für seine Inszenierungen typischen, Bewegungschoreografien (Choreografie: Yeliz Pazar) kommen nicht zum Tragen und lenken oftmals von der daneben weiterlaufenden Handlung ab. Daneben ist auch ein größer Störfaktor, dass in seiner Textfassung immer wieder Klischees von Jugendlichen bedient werden: Handys, Instagram und Mainstream. Gerade wenn er der Textvorlage stringent folgt und die Jugendlichen einfach spielen lässt und sie als Individuen akzeptiert, ist der Abend am Stärksten. 

Die anderen künstlerischen Komponenten sind im Vergleich dazu aber durchaus gelungen: Eine in Nebel gehüllte Bühne mit Vorhängen aus giftig-grünen Fäden und zwei gläsernen, bespielbaren Kästen (Bühne: Elise Sophia Richter). Die Kostüme tragen das Jugendliche "Hipster-Style"-Klischee nicht mit: Sehr individuelle Kleidung, die jeweils eine eigene Farbkomposition auszeichnet. Dazu einzigartige Stickungen in Netzmustern (Kostüm: Ksenua Sobotovych). Neben der Bühne bespielen die Jugendlichen auch die Galerie und beginnen in einer Reihe stehend den Abend. Auch hier macht Ghazi nicht viel falsch und teilt den Text auf verschiedene Art und Weisen auf seine zehn Darsteller*innen auf: Monologe, Dialoge, Chortexte und verteilte Satzfragmente. Doch dann grätschen wieder Ungenauigkeiten im Spiel der Jugendlichen dazwischen und stören auch den Schluss, wo alle gemeinsam an der Rampe stehen und ihren Text an die vierte Wand nageln. 

Der 75 Minuten lange Abend kommt aus den genannten Gründen leider nicht über eine durchschnittliche Theaterproduktion mit jugendlichen Laien-Darsteller*innen hinaus. Da war deutlich mehr drin! 

***Noch mehr #Theatertipps findet ihr auf youpod.de/theater.***

von Marvin

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