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Abiball – Die große Abschlussparty im Düsseldorfer Schauspielhaus

18.11.2018

Seid ihr da meine Freunde? Sympathische Leute! Alles klar, sind am Start, denn die Party ist heute. Endlich ist diese Schulzeit quasi um, wir verlassen heute dieses Gymnasium. Dieses viel zu kleine Aquarium. Wir geben dem Leben eine Darbietung. 

Ein Abend, an dem gemeinsam zurückgeschaut wird

Patrick, einer der Abiturienten, steht als Sound-Master am DJ-Pult und stimmt die Abiball-Gäst*innen mit seinem Rap auf den Höhepunkt ihrer Schullaufbahn ein, den aller letzten gemeinsamen Abend bevor es für jeden einzelnen der Abiturient*innen zerstreut in die weite Welt hinausgeht. Ein Abend, an dem die verschiedenen Komponenten des Systems "Schule" zum letzten Mal aufeinander treffen: Eltern, Schüler*innen, Lehrer*innen. Ein Abend, an dem gemeinsam zurückgeschaut wird, auf die – aus Sicht der Schüler – viel zu langen Schulzeit, die nun endlich ein Ende hat. Nur voneinander trennen will man sich nicht, Freunde sollen Freunde bleiben, Kinder sollen Kinder ihrer Eltern bleiben. 

Publikum wird Ballgast

Diesen so besonderen Abend, den Abiball, haben sich das Autoren-Duo Lutz Hübner und Sarah Nemitz in ihrem neuesten und gleichnamigen Theaterstück verschrieben. Nach Willkommen und Paradies wird nun schon zum dritten Mal ein Theatertext der beiden Autor*innen am Düsseldorfer Schauspielhaus gezeigt. Berühmtheit erlangte Lutz Hübner übrigens mit seinem Theatertext Frau Müller muss weg (Uraufgeführt im Staatsschauspiel Dresden 2010) und der gleichnamigen Verfilmung (Regie: Sönke Wortmann), für die das Autoren-Duo das Drehbuch geschrieben hat. 
Abiball feierte am 19. Oktober Uraufführung im Düsseldorfer Schauspielhauses am Gustaf-Gründgens-Platz. Regie führte Robert Lehniger, der hier in Düsseldorf bereits die mobilen Theaterstücke Faust (to go) und Nathan (to go) inszenierte. Auch für seine neueste Regiearbeit wählte Lehniger eine besondere Kulisse: den Bühnenraum des Schauspielhauses. Das Publikum sitzt als Ballgast zum Teil an runden Tischen mit auf der Tanzfläche neben den Darstellerinnen und Darstellern. Er schafft so eine sehr auf Nähe und Intimität angelegte Raumsituation, die größtenteils aber ungenutzt bleibt. Eine auf der Bühne platzierte Bar wird von Publikum wie Schauspielenden gleichermaßen genutzt, es wird neben Sektgläsern auch aus roten Party-Bechern (Beer Pong) getrunken. Auch auf die Saalgestaltung, Lichtatmosphäre und 
Akustik wird viel Wert gelegt. Die Rahmenbedingungen für einen großen Abiball-Abend sind also geschaffen.

Feiern und Konflikte

Ein letztes Mal zusammen feiern, das Ende der Schulzeit befeuern, den Beginn der neuen Freiheit bejubeln, endlich Erwachsen sein. Darum geht’s den Abiturient*innen an diesem Abend. Das Abitur im Sack, mit mehr oder weniger guten Noten, aber egal – das Abitur bestanden! Und dann sind da natürlich noch die Eltern: reden über die Abiturnoten, das Loslassen und die Zukunft ihrer Kinder, wie sie sich diese vorstellen. Am Abend des Abiballs laufen die Arbeiten noch auf Hochtouren: Der Security-Mann muss eingewiesen werden, Soundcheck, die Karten am Eintritt kontrollieren, die Sitzplätze zuweisen. Und schon zu Beginn werden die Konflikte, die an diesem Abend ausgetragen werden, sichtbar: Claudia, Lucys Mutter, die von ihrem neuen Freund Deniz begleitet wird, trifft auf ihren Ex-Mann Michi. Bennos Mutter Svetlana, Single, kommt mit ihrer Mutter, aus deren Schatten sie sich nie lösen konnte und immer noch von ihr dominiert wird. Frank, Jonas' Vater, der als Personalchef ziemlich gut verdient und nur das Beste für seinen Sohn möchte und dementsprechend hohe Anforderungen an Jonas stellt, der damit beschäftigt ist, sie zu erfüllen. Die Fast-Abiturientin Malina, die von der Schule geflogen ist und den Schuldigen für ihr nicht erlangtes Abitur sucht. Und die Direktorin und Musiklehrerin Frau Bantzer, die sich bei einer Gesangs- und Tanzeinlage heillos blamiert. 

Theaterstück ist berechenbar

Wie der Abend verläuft, ist nach der Vorstellungsrunde der einzelnen Charaktere am Anfang berechenbar, leider zu berechenbar. Auch die Figuren entwickeln sich an diesem Abend ganz wie die Stereotype aus Film und Fernsehen, die diesen besonderen Abend in den Mittelpunkt rücken. Lehniger zoomt die Figuren immer wieder heran, trennt die Szenen klar voneinander ab und gibt jedem Charakter seine eigenen klaren Momente. Aber viel zu oft ist das, was in der Mitte des Festsaals geschieht, einfach nur peinlich. Nicht auf die Art und Weise peinlich, dass man darüber herzlich lachen könnte, sondern so richtig fremdschäm-peinlich. Es wirkt vieles an diesem Abend sehr gewollt und aufgesetzt, Überraschungen, die schlichtweg ausbleiben. 

Jugendliche finden sich nicht wieder 

Von dem Ensemble spielt sich allein Manuela Alphons, als Bennos Oma, in die Herzen des Publikums, als trötende, angeschwipste, motzende Rentnerin. Und inmitten dieser Stereotyp-Charaktere platzieren die Autor*innen den Blogger Charlie, der als "genderqueere*r Influencer" (Programmheft) dem Abend etwas charakteristisches und hippes aus unserer Generation verleihen soll. Nur wie denunzierend und diskriminierend stellenweise mit diesem Charakter umgegangen wird und wie er herausgestellt und karikiert wird, hat etwas sehr unsensibles und teils verstörendes. Hauptsache halt es wird darüber gelacht. Auch die Kostüme und das Einsetzen von Smartphones und Videos wollen diese Inszenierung sehr gewollt an das Leben im 21. Jahrhundert anpassen. Nur wie weit von der Realität sich das entfernt, scheint nur den wenigen jungen Leuten, die diesem Theaterabend beiwohnen, klar zu sein. Fragt sich nur mal wieder, was dem stark überalterten Publikum im Bezug auf die Jugend dieser Generation (und den Unterschied des Abiballs heute zu früher) mit dieser Inszenierung erzählt werden soll: offensichtlich nicht allzu viel! 

Diesen Abiball kann man getrost schwänzen. Verpassen tut man nichts! 

von Marvin

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