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Hundeherz – Vom einsamen Streuner zum animalischen Menschen

23.02.2019

Ziemlich seltsame Wohnung, aber wie gut, wie gut. Er ist sicher ein Bürger, kein Genosse. Möglicherweise, ja höchstwahrscheinlich sogar, ein Herr. Richtig, ein Herr. Ha! Ich weiß jetzt, wer er ist: Ein Magier, ein Zauberer, ein Hexer aus Hundemärchen. Er ist ein sehr guter Mensch. Es sind die Augen. Augen sind was Signifikantes, eine Art Barometer. Filipp Filippowitsch ist ein Mann von Geschmack. Nimmt nicht jeden erstbesten Hergelaufenen. Er sorgt sich um mich. 

Es ist Winter in Moskau. Ein einsamer Streuner lebt zwischen Mülltonnen auf der Straße und kommt gerade so über die Runden, während der Schnee die Stadt beherrscht. Der auf verjüngende Operationen spezialisierte Chirurg Professor Filipp Filippowitsch Preobraschenski sammelt den armen Köter auf und nimmt in zu sich in die Wohnung. Der Hund soll Protagonist eines ungewöhnlichen und bahnbrechenden Experimentes sein – die Operation vom Hund zum Menschen. 

Hundeherz heißt die Erzählung des russischen Schriftstellers Michail Bulgakow aus dem Jahr 1925, die nun am Düsseldorfer Schauspielhaus zu sehen ist. Im Roman geht es um einen fanatischen Laborversuch, bei dem ein "Hundemensch" kreiert werden soll. Bulgakows Werk weist dabei große Parallelen zu Johann Wolfgang von Goethes Faust und Mary Shelleys Frankenstein auf. Evgeny Titov, der in Düsseldorf zuletzt Hexenjagd (Premiere: 10. Juni 2017) als packenden und düstereren Theaterabend inszenierte, kehrt nun mit seiner Hundeherz-Inszenierung als Regisseur ans Schauspielhaus zurück. Premiere war am 22. Februar im Central auf der kleinen Bühne. 

Als dem Moskauer Chirurgen und seinem Assistenten Doktor Arnoldowitsch Bormenthal der Leichnam eines kürzlich verstorbenen Straßenmusikers vorbeigebracht wird, kann das riskante Experiment beginnen. Die Organe des Toten werden dem Hund Lumpi implantiert. Und tatsächlich gelingt den beiden der Versuch und der Hund überlebt den schweren Eingriff. Der Hundemensch Polygraph Polygraphowitsch Lumpikow ist geboren! Der Chirurg und sein Assistent stehen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der medizinischen Fachwelt. Lumpikow gesundet immer weiter und erhält in den Folgetagen mehr und mehr menschliche Züge. Doch als seine Umwandlung zum Menschen abgeschlossen ist, stellen sich ungeahnte Folgen ein. Denn der Prototyp ererbte die negativen Eigenschaften des Spenders: keine Manieren, ungebremste Aggressivität, vulgäre Ausdrucksweise und einen starken Hang zum Alkohol. Das Experiment gerät außer Kontrolle und Lumpikow macht mit seinem Verhalten das Leben in der Wohnung des Professors zu einem Albtraum. 

Im Bühnenbild der Inszenierung (Bühne: Falk Herold) steht der Salon in der Wohnung des Professors im Mittelpunkt. Ein alter großer Raum mit riesigem Orientteppich, Ledersessel, verstaubten Regalen, Schränken und Vitrinen, dazwischen Präparate in großen Gläsern und ein funktionstüchtiger Plattenspieler. Die Einrichtung ist bis ins letzte Detail vollzogen. Rechts gibt es noch einen kleinen Toilettenraum, der im Laufe des Abends zum Blutbad verkommt. Ein kleiner Hinterraum, versteckt durch eine Schiebetüre im hinteren Bühnenbereich, lässt dazu noch die Straßensituation zu Beginn und den Operationssaal entstehen. Auch das Kostüm (Kostüm: Nicole von Graevenitz) folgt dieser Richtung vollends und schafft so ein naturalistisches Gesamtbild und eine altmodische Ästhetik. Schauspielerisch ist der Abend eine Wucht, wie zuletzt immer im Düsseldorfer Schauspielhaus. Torben Kessler mimt den Hund wie Hundemensch grandios. Lou Strenger spielt das Hausmädchen Sina als gekrümmte Hausherrin mit konsequentem Akzent, den sie nie auf Witz spielt, sondern natürlich einsetzt. Wie schon in Hexenjagd besticht die Inszenierung durch eine Thriller-artige Atmosphäre mit harten Blacks und einer großartig zusammengesetzten Musik. Eine packende Inszenierung, die mit einem langem Schlussapplaus gewürdigt wird. 

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von Marvin

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