half past selber schuld: Mit Kafka im Wunderland
28.04.2017
Alice im Wunderland ist jedem bekannt, aber "Kafka im Wunderland"? Mit einem etwa 75-minutigen Programm feierte am vergangenen Mittwochabend das Team "half past selber schuld" im FFT Kammerspielen in Düsseldorf Premiere.
So außergewöhnlich der Name der Düsseldorfer Puppenstars klingt, so außergewöhnlich sind auch Ihre Theaterstücke. Neben einer Reihe von Auszeichnungen, holen sie 2016 mit ihrem Schwarzlicht- Bühnencomic in einer Castingshow bei RTL den Sieg. Das Düsseldorfer Künstlerduo deutsch-israelischer Herkunft besteht aus der Komponistin und Musikerin Ilanit Magarshak-Riegg und dem Comiczeichner und Autor Frank Römmele alias Sir Ladybug Beetle. Die beiden arbeiten seit 1998 als Regisseure, Komponisten, Textschreiber, Musiker, Akteure, Sprecher, Schau- und Puppenspieler, Trickfilmmacher und Bühnenbildner ihrer Stücke zusammen. Kreative, neue und innovative Ideen zeichnen das Duo aus. Sie schaffen unkonventionelle Projekte und stellen unterschiedliche Variationen von Bühnenformaten dar.
Ein Leben nach dem Tod?
Bio-Babys und sterbliche Wesen waren gestern - Designer Babys, künstliche Intelligenz und die Unsterblichkeit bestimmen die Zukunft! Wer ist nicht Neugierig auf die Zukunft und möchte einen kleinen Blick auf sie werfen. "half past selber schuld" schlägt mit "Kafka in Wonderland" den Bogen in die Zukunft. Lästige Schwangerschaften sind nicht mehr notwendig, Babys werden nach Wunschvorstellung per Bestellung eingekauft und der Tod ist ein Überflüssiges Übel.
Das Publikum wird direkt zu Beginn des Stückes mit dem Tod konfrontiert. Der Tod, ein altmodisches Konzept. Unendlich lange leben möchte jeder - nur wie? Es gibt sie: die Möglichkeit auf ein langes Leben. Der Konzern "Wonderland incorporated" - eine hochtechnisierte Science-Fiction-Gesellschaft - bietet mittels Genetik, Robotik und Nanotechnik eine scheinbar sorglose Zukunft.
So erklären die Töchter ihrem alten und kranken Vater, dass es die Möglichkeit gibt, sein Bewusstsein für die Ewigkeit zu konservieren. Ist der Vertrag rechtzeitig abgeschlossen, so befindet man sich in eines von vielen Clouds.
"Die Cloud ist eine virtuelle Welt, in die man sich begeben kann sobald man gestorben ist. Voraussetzung dafür ist ein kompletter Upload des Bewusstseins vor Eintritt des Todes, sowie die Bezahlung eines einmaligen Grundpreises mit einer geringen monatlichen Gebühr."
Es gibt mehrere Optionen von Clouds. Beispielsweise die "religiöse Cloud" oder die "Cloud für Abenteuerlustige". Problem ist nur, dass der Sterbliche sich es nicht aussuchen kann, sondern in eine der Clouds zugeteilt wird. So kann es dazu kommen, dass ein Atheist in einer "religiösen Cloud" landet.
Ein Ansatz von künstlicher Intelligenz, in Form von beispielsweise selbstfahrenden Autos, ist bereits eine reale Wirklichkeit. Alles darüber hinaus ein eventueller Albtraum, doch "wir blicken optimistisch in diese Zukunft" beruhigt uns Römmele.
Alles ist möglich mit "half past selber schuld"
Ob Hörspiel, Theater, Film oder Musik - die talentierten Puppenstars bringen alles auf die Bühne. Wer glaubt man Stöße auf ein traditionelles Puppentheater der irrt sich! Nicht nur inhaltlich ist es futuristisch, sondern auch ihre Darstellungsform sowie Inszenierung. Die surrealen Szenarien verbinden atemberaubendes Puppenspiel mit spektakulären 3D-Schattentheater. Für überraschende Effekte ist vorgesorgt. Einen roten Faden, wie man ihn sonst aus Theaterstücken kennt, gibt es nicht. Doch mit spürender Leidenschaft des "Puppenstar-Teams" zieht sie die Zuschauer in den Bann.
Gedankenausflüge in unterschiedlichen Situationen konfrontiert den Zuschauer mit wichtigen und ernsten Fragen des Lebens. Ebenfalls bringen sie das Publikum in ein moralisches Dilemma, wo über ein kleineres Übel entschieden werden muss.
Das Episodenstück ist ganz klar eine fiktionale Welt, welche die Zukunft auf eine sarkastische Art und Weise darstellt. Dennoch ermöglicht es einen kritischen Blick in die nähere Zukunft der Menschheit.
Der Wunsch von Gaby Köster 2016, dass die Hütten immer voll sind, den sie in der Kölner Fernsehsendung äußerte, wäre hiermit erfüllt. Das zehn-Köpfige Team "half past selber schuld" genoss einen langen Applaus.
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